OLG Dresden / Beschluss vom 22.05.2012 Az.: 3 W 0475/12 Erstattungsfähigkeit von Kosten für Privatgutachten

Oftmals wird gerade in Bausachen bereits vor einem Prozess geprüft, inwieweit tatsächlich Mängel bestehen. Hierzu kann ein Privatgutachten eingeholt werden, was mit erheblichen Kosten verbunden sein kann. Sind diese Kosten erstattungsfähig, wenn man den Prozess schlussendlich gewinnt?

Jedenfalls nicht automatisch. Das Gutachten ist grundsätzlich ein reines Parteigutachten, da von den Parteien auf eigenen Wunsch eingeholt. Das OLG Dresden hat die Kriterien, bei denen eine Erstattung der Gutachterkosten dennoch erfolgen kann, in einem aktuellen Beschluss präzisiert. Wenn nämlich die Partei, welche die Kostenerstattung begehrt, nachweisen kann, dass das Gutachten sich auf einen konkreten Rechtsstreit bezog und mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben wurde, sind die Gutachterkosten auch von der Gegenseite zu tragen. Soll mit Hilfe des Gutachtens erst geklärt werden, ob prozessiert wird oder nicht, fehlt der geforderte unmittelbare Prozessbezug, die Gutachterkosten sind vom Auftraggeber als reines Privatgutachten zu tragen. Der unmittelbare Prozessbezug fehlt auch dann, wenn die Feststellungen des Gutachters nicht zu einer schlüssigen Argumentation im Prozess zwingend benötigt werden.

Fazit: Wenn man vermeiden will, dass die (oftmals erheblichen) Gutachterkosten trotz Obsiegens im Prozess von der Gegenseite nicht zu erstatten sind, muss genau geprüft werden, welchen Prozessbezug ein bereits vor Prozessbeginn eingeholtes Gutachten haben könnte. Will zum Beispiel ein Auftraggeber sich auf Mängel berufen und benötigt ein Gutachten, um den Wert der Mängel beziffern zu können für ein Zurückbehaltungsrecht, liegt der unmittelbare Prozessbezug meistens vor, was allerdings in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist. Ein reines Feststellen der Mängel, um zu klären ob ein Prozess geführt wird oder nicht, reicht jedenfalls nicht aus.

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  Dingeldein • Rechtsanwälte